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Rote Schule
Albersloh

Westfälische Nachrichten

Erhalt der „Roten Schule“ in Albersloh

Appelle an CDU und FDP fruchten nicht

Albersloh

Die Meinungen der Fraktionen könnten kaum weiter auseinander liegen. Während SPD und BfA sich dafür aussprechen, weiter über einen Erhalt der „Roten Schule“ nachzudenken, sind CDU und FDP dafür, dass sich die Stadt nicht erneut um diese Angelegenheit kümmern soll. 

Von Josef Thesing
Freitag, 10.03.2023, 14:00 Uhr

Bild der "Roten Schule" in Albersloh von außen im Jahr 2023

Die „Rote Schule“ in Albersloh steht auch im März 2023 noch. Foto: Christiane Husmann

Am Ende der Diskussion, bevor abgestimmt wurde, zog SPD-Sprecherin Christiane Seitz-Dahlkamp den Joker. Dieser heißt, wenn es in einer politischen Sitzung kein Ergebnis gibt, mit dem alle zufrieden sind, „Beratungsbedarf“ anzumelden. Den brauchte die SPD-Fraktion in der Sitzung des Rates der Stadt aber nicht für sich selbst: Ihre Meinung war eindeutig. Die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten wollte vor einer endgültigen Entscheidung darüber, wie es mit dem Gebäude der „Roten Schule“ weitergeht, vielmehr den Fraktionen von CDU und FDP Zeit zum Nachdenken geben.

Und so wurde nicht abgestimmt, denn in den Sitzungen des Rates und dessen Ausschüssen ist es gelebter Brauch, der Anmeldung eines weiteren Beratungsbedarfs ohne weitere Diskussion stattzugeben. Fortsetzung folgt also: in der nächsten Sitzung des Gremiums im April.         

CDU und FDP blieben bei ihrer Meinung, dass die Stadt mit Blick auf die Zukunft dieses Gebäudes und des Areals an der markanten Ecke an der Bahnhofstraße die Finger aus dem Spiel lassen soll. Dabei ging es nur um eine Kleinigkeit, die die Stadt betrifft. Im Kaufvertrag mit dem Wolbecker Bauunternehmen war seinerzeit auch eine Bauverpflichtung vereinbart worden, erläuterte Bürgermeisterin Katrin Reuscher. Diese besage, dass der geplante Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses nach dem Abriss der ehemaligen Schule bis 2025 stehen müsse. 

Initiative will Konzept entwickeln

Da sich im Dorf nun aber eine Initiative gebildet hat, die den Erhalt des Gebäudes anstrebt und dieses nach einer Sanierung auch mit Leben füllen will, solle die Frist für die Bauverpflichtung verlängert werden. Die Initiative hatte sich mit einer offiziellen Bürgeranregung an den Rat der Stadt gewandt. Eine Fristverlängerung könne nur die Stadt selbst auf den Weg bringen, die seinerzeit ja den entsprechenden Vertrag unterzeichnet habe, erläuterte die Bürgermeisterin. Die Eigentümerin habe noch am Donnerstag per E-Mail mitgeteilt, dass von ihrer Seite keine Einwände gegen die Fristverlängerung bestünden.  

Der Bürgermeisterin und auch den Fraktionen von SPD und BfA geht es darum, Zeit für Gespräche und ein erneutes Nachdenken darüber zu gewinnen, unter welchen Bedingungen der Erhalt des Ortsbild prägenden Gebäudes möglich sei. Vorstellbar sei, so die Bürgermeisterin, eine Nutzung für Vereine und Gruppen, für die es derzeit keine öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten gebe. „Ich persönlich halte das für eine große Chance“, meinte Katrin Reuscher.  Zudem habe sich das Bewusstsein geändert, wie auch am Engagement der Initiative deutlich werde, die von vielen unterstützt werde. Außerdem gebe es heute ein anderes Denken – und ganz andere Fördermöglichkeiten.

Kommentar: Nur ein bisschen Zeit

Foto: Von Josef Thesing
Es geht bislang fast um nichts, mal abgesehen von ein bisschen Zeit zum gemeinsamen Nachdenken. Und da sind, bezogen auf den Abriss der „Roten Schule“, schon einige Jahre ins Land gegangen, dass es nun auf ein, zwei mehr auch nicht ankommt. Das sieht offenbar auch die heutige Eigentümerschaft des Gebäudes so, die es mit Abriss und Neubau bisher nicht eilig hatte. Erneut nachzudenken – das fällt den Fraktionen von CDU und FDP in dieser Causa offenbar schwer. Dabei sollte auch ihnen klar sein, dass sich immer mehr Menschen ernsthaft darüber Gedanken machen, ob die Beseitigung prägender Gebäude in jedem Fall die einzige Lösung ist. Abgerissen wurde in den vergangenen Jahren schließlich genug in der Stadt, wobei klar ist, dass nicht jedes Gebäude erhalten werden muss und kann. In diesem Fall wollen engagierte Menschen etwas Altes bewahren, um zu versuchen, daraus etwas Neues für die Allgemeinheit zu machen. Es ist nicht Aufgabe von politischen Fraktionen, dieser Idee, die von vielen im Dorf unterstützt wird, ohne Not kategorisch eine Abfuhr zu erteilen. Sie sollten Menschen mit Ideen vielmehr den Rücken frei halten. Der Bagger kann auch später noch kommen.

Stadt soll Gebäude nicht zurückkaufen

Dabei gehe es nicht darum, erklärten neben der Bürgermeisterin auch die Fraktionen von SPD und BfA, dass die Stadt das Gebäude zurückkaufe. Das erwarte die Initiative auch gar nicht, erklärte Mitinitiator Heinz Wenker im Gespräch mit der Redaktion am Rande der Sitzung. Jetzt gehe es darum, das Engagement für das Projekt zu bündeln und nach Lösungen auch für eine Finanzierung zu suchen. Klar sei dabei, dass das Gebäude nicht in seinem derzeitigen Zustand bleiben könne. Die äußere Substanz sei aber noch gut.

„Wenn ein Pferd tot ist, sollte man absteigen."
Josef Lammerding (FDP)

„Eine Rolle rückwärts“ kam für CDU-Fraktionssprecher Sebastian Sievers auf keinen Fall infrage, auch nicht bezogen auf die bloße Fristverlängerung für die Bauverpflichtung. Er, wie auch FDP-Fraktionssprecher Josef Lammerding, blickte nochmal auf die damaligen Verkaufsbemühungen zurück. „Wenn ein Pferd tot ist, sollte man absteigen“, sagte Lammerding.

CDU und FDP verschlossen sich auch dem Appell von SPD und BfA, „nur ein Fenster ein bisschen zu öffnen“, wie Hans Ulrich Menke (BfA) es formulierte.  Das koste die Stadt einstweilen nichts. Aus Sicht von Sebastian Sievers soll das Fenster aber geschlossen bleiben. „Wir stehen zu unserem Wort.“ Gleichwohl räumte er, wie auch alle anderen Fraktionen, ein, dass es im Dorf unterschiedliche Meinungen gebe. 

Die „Rote Schule“ dürfte auch bei einer Veranstaltung im Dorf eine Rolle spielen, die am 23. März (Donnerstag) um 19 Uhr stattfindet. Den Veranstaltungsort will die Stadt noch bekannt geben. Dann spricht LWL-Kulturchefin Barbara Rüschoff-Parzinger, die selbst viele Jahre im Dorf gelebt hat, über „identitätsstiftende Gebäude in Albersloh“.

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