Albersloh
Wie kann, wie sollte das Albersloh der Zukunft aussehen. Darüber wird im Projekt "Zukunftsdorf Albersloh" nach gedacht, zu dessen Start am Mittwoch zahlreiche Albersloh in den Konferenzraum der Feuerwehr kamen.
Von Christiane Husmann
Donnerstag, 23.03.2023, 18:00 Uhr
Im vollbesetzten Konferenzraum des Feuerwehrwehrgerätehauses fand außerdem reger Meinungsaustausch statt. Foto: Christiane Husmann
Dass Abriss und Neubau nicht immer die Lösung sind, wurde anlässlich eines Vortrags deutlich, den Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger und Stefan Rethfeld von der Kulturabteilung des LWL (Landschaftsverband Westfalen-Lippe) in Albersloh hielten. Bei einem virtuellen „Spaziergang“ durchs Dorf schärften sie den Blick für das, was den Ort „prägt und lebenswert“ macht. In Summe brachten sie einen Appell auf den Weg: „Setzen Sie auf kulturelle Nachhaltigkeit – es lohnt sich.“
Dass die Entwicklung Alberslohs vielen am Herzen liegt, freute die Bürgermeisterin, die zu der Veranstaltung eingeladen hatte. „Ich bin baff, wie viele Leute hier sind - das zeigt, dass das Thema Dorfentwicklung interessant ist“, mutmaßte Katrin Reuscher ob der regen Teilnahme und eröffnete: „Wir müssen für junge Familien Wohnraum schaffen, dürfen bei der Dorfentwicklung aber nicht den Ortskern vergessen.“ Reuscher riet genau zu überlegen: „Was kann bleiben, was sollte weiterentwickelt, was erneuert werden?“ Bei solchen Überlegungen sei ein Blick von außen förderlich, verwies sie auf den Besuch vom LWL.
Der Einladung Katrin Reuschers (r.) waren Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger und Stefan Rethfeld gefolgt. Sie referierten zum Thema „Zukunftsperspektiven für die Dorfmitte“. Foto: Christiane Husmann
„Ich bin öfter mit meinen Enkeln im Dorf unterwegs“, begann die gebürtige Albersloherin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger den Vortrag. „Im Vergleich zu anderen Orten ist hier die Ziegelarchitektur prägend“, verwies die Kulturdezernentin auf eine Besonderheit und präsentierte Albersloher Gebäude die unter Denkmalschutz stehen oder als ortsprägend gelten. Letztgenannte sollten neu wahrgenommen werden, empfahl sie auch mit Blick auf die Rote Schule. „Vieles könnte man hier optimieren“, wies sie auf unschöne Beschilderungen und Glascontainern in deren Umfeld hin. „Aber das Gebäude hat wahnsinnig viel Potenzial“, befand die Dezernentin und übergab das Wort an ihren Kollegen Stefan Rethfeld, dem sie einen „frischen Blick von außen“, attestierte. Ihm seien die vielen Schilder aufgefallen, die Leute nicht ins, sondern durchs Dorf lotsten. „Die Menschen sollen sich im Dorf wohlfühlen“, so der Architekt des LWL, der bei seinen Ausführungen auch die gewerbliche Entwicklung Alberslohs berücksichtigte. „Wer sich an einem Ort wohlfühlt, der verbringt dort Zeit, geht essen, kauft ein“, so Stefan Rethfeld. „Das Hinterland des Dorfes mit seinen Höfen, Wegen und Gassen“, müsse in den Fokus gerückt werden. „Den Ort neu denken und die Chancen durch Erhalt ortsprägender Gebäude sehen“, empfahl der Architekt und präsentierte Beispiele. Auch mit Blick auf die Umwelt und die sogenannte „graue Energie“ sei es ratsam, statt auf Neubau auf Erhalt zu setzen. „Die Rote Schule ist ein ursprünglicher Ziegelbau, der den Ort prägt – denken Sie auch an kommende Generationen“, appellierte er für den Erhalt des Gebäudes, das aktuell die Gemüter regt.
Nicht nur Reinhard Seebröker brannte das Thema „Verkehr“ unter den Nägeln. Foto: Christiane Husmann
Der Applaus der Zuhörer machte deutlich, dass ihnen die Entwicklung des Dorfes am Herzen liegt. Genau wie zahlreiche Wortmeldungen, wie etwa die von Wolfgang Franke, der einen Blick auf die Finanzierung verschiedener Projekte warf: „Fördermittel sind Steuergelder – bitte mit Weitsicht und Verantwortung handeln.“ Darauf wusste Dr. Rüschoff-Parzinger: „Das (Förder)Geld wird sowieso ausgegeben – so bleibt es wenigstens in Albersloh.“ Auch das Thema Verkehr sollte auf den Tisch kommen. „Auf eine Umgehungsstraße zu warten, die sowieso nicht kommt“, sei nicht der richtige Ansatz, waren sich die Referenten vom LWL einig. „Werfen Sie einen Blick nach Holland“, empfahl Stefan Rethfeld. „Der Verkehr wird immer leiser“, so der Architekt, der auf „Mobilität neu denken“ setze. So auch bei der Neunutzung bestehender Gebäude. Dabei sei auch die Nähe zu Münster als Vorteil zu sehen. „Es wird attraktiver aber noch bezahlbarer Raum gesucht.“
"Das (Förder)Geld wird sowieso ausgegeben – so bleibt es wenigstens in Albersloh."
Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, Kulturabteilung des LWL
Vom Verkehr der Zukunft ging’s wieder zum Baubestand der Gegenwart. „Wir stehen mit den Eigentümern der Brennerei Heumann und der Roten Schule in Kontakt“, erklärte die Bürgermeisterin gemachte Hausaufgaben. Und bei dem Wunsch, ortsprägende Gebäude zu erhalten, seien für weitere Schritte nun Nutzungskonzepte gefragt. Außerdem gelte es Zeitfenster zu beachten. „Die Eigentümer haben die Tür noch nicht geschlossen“, freue sie sich über Gesprächsbereitschaft. Das wurde auch von Anwesenden der Kommunalpolitik zur Kenntnis genommen. Etwa von Josef Lammerding: „Wir (FDP) hatten eine feste Meinung – inzwischen könnte ich mir vorstellen, diese Zeitschiene zu verlängern“, meinte er mit Blick auf die Bauverpflichtung auf dem Areal der Roten Schule. „Das könnte ein Schmuckstück werden“, warf Eva Rüschenschmidt ein und erzählte von dem, was schon heute im und ums Gebäude herum passiert.
„Ich finde es so super, dass es hier Leute gibt, die konstruktiv diskutieren“, befand die Bürgermeisterin am Ende einer informativen und lebendigen Veranstaltung, die sich im Tenor für kulturelle Nachhaltigkeit aussprach. „Man kann das und man schafft das in Albersloh“, meinte auch Stefan Rethfeld nach seinem intensiven Blick auf das Dorf und dessen mögliche Zukunft.